Schloss und historische Säle

Das Herz der Festung ist der Innenhof, der im unteren Teil noch seinen ursprünglichen Bodenbelag bewahrt hat. Von hier gelangt man zu den zwischen 1000 und 1600 errichteten fünf Baukörpern der Burg: dem Haupt- bzw. Burgturm, dem Scaligera-Flügel, dem Visconti-Flügel, dem Turm Giovanni Visconti und dem Borromei-Flügel. Rechts vom Hof lädt ein niedriges Vordach an der Festungsmauer zu einer Entdeckung ein. Es handelt sich um einen antiken Bottichkeller aus der Zeit um 1630, in dem sich eine der größten Traubenpressen Italiens zum Keltern von Wein befindet. Gegenüber liegt der Scaligera-Flügel aus Angera-Stein. Vom 13. Jahrhundert bis in die letzten Jahre hinein hat er zahlreiche Eingriffe erfahren, die ihn zu einem attraktiven Ort für Ausstellungen zeitgenössischer Kunst gemacht haben. Vor ihm, auf der höchsten Ebene des Innenhofs, steht der Borromei-Flügel, dem ein großer dreibogiger Säulengang vorgelagert ist. In den Schlusssteinen sind die Insignien der Familie Borromeo eingraviert: das Motto Humilitas in der Mitte und die Trense (bzw. der Zaum) an den Seiten. Von hier aus führt eine breite Treppe aus dem 17. Jahrhundert in das Hauptgeschoss.

In der Galerie können wir dank der an den Wänden hängenden Gemälde zahlreichen Persönlichkeiten der Linie ein Gesicht geben. Zu den bedeutendsten gehören das Reiterporträt von Carlo IV. Borromeo, das von Emilio Paolo Borromeo und ein Gemälde des Heiligen Karls, eine alte Kopie des Originals  im Mailänder Dom, das ihn zeigt, wie er die Herzöge von Savoyen nach seiner Pilgerreise zum Heiligen Grabtuch in Turin begrüßt. Eine Besonderheit des Zeremoniensaals, der an seiner hölzernen Kassettendecke zu erkennen ist, sind Teile von Fresken aus Mitte des 15. Jahrhunderts, die nach der Bombardierung des Palazzo Borromeo in Mailand im Jahr 1943 gerettet wurden, als ein Großteil des Gebäudes zerstört wurde.

Aber der berühmteste und spektakulärste Raum des Schlosses ist der Gerichtssaal im zweiten Stock des Visconti-Flügels. Ein Wunder, das uns in seiner Form aus dem späten 13. Jahrhundert erhalten geblieben ist. Wie kann man sich in Gegenwart einer solchen Pracht nicht anders als klein fühlen? Der rechteckige Saal ist in zwei Joche mit einem doppelten Kreuzrippengewölbe unterteilt und an drei Seiten und in den Gewölben vollständig mit Fresken bemalt. Autor ist ein geheimnisumwobener „Maestro di Angera“, der sich mit diesem Freskenzyklus aus dem 14. Jahrhundert, einem der reichhaltigsten und komplexesten der mittelalterlichen italienischen Malerei, durch sein außergewöhnliches Gefühl für Farben auszeichnet. Die Erzählung historischer Episoden, die sich auf den Sieg in der Schlacht von Desio im Jahr 1277 beziehen, steht im Zusammenhang mit dem Einfluss der Planeten und Sternbilder.

Kostbar sind auch die beiden großen Gemälde, die dem Sala dei Fasti Borromeo (Prachtsaal) im Turm Giovanni Visconti seinen Namen geben. Die Gemälde sind vom Maler Filippo Abbiati und zelebrieren das Altertum und die Größe des Geschlechts. Zu dieser Serie gehört auch das Gemälde im Sala del Buon Romano (Saal des Guten Römers), das Giovanni Borromeo zeigt, wie er die Goten aus Rom vertreibt und den Titel des Buon Romano erhält. Im Sala della Mitologia (Saal der Mythologie) finden wir, wie schon sein Name vermuten lässt, Kopien berühmter Gemälde mit mythologischen Motiven und eine Sammlung wertvoller Majoliken aus Europa und dem Orient, die ebenfalls mit dem Thema der Gemälde in Verbindung steht.

Lebendige geometrische Dekorationen mit schwarzen und weißen Rauten und grünen und roten Diagonalstreifen schmücken den Sala San Carlo, der so genannt wird, weil die Möbel des hl. Karl Borromäus ursprünglich in diesem Raum aufbewahrt wurden. Restaurierungen in verschiedenen Epochen vom Mittelalter bis zur Gegenwart haben die Intensität der Farben bewahrt und wie von Zauberhand Details von bisher unbekannten Fresken ans Licht gebracht.